Insider: Apple plant Umstellung von Macs auf ARM-Prozessoren angeblich erst für 2021

25. Febr. 2020 14:00 Uhr - Redaktion

Seit rund zehn Jahren wird über einen angeblich bevorstehenden Wechsel der CPU-Architektur bei Macs spekuliert - weg von Intel, hin zu Apple-eigenen ARM-basierten Hauptprozessoren. Passiert ist bislang nichts. Fast schon mantraartig wurden derartige Gerüchte in den letzten Jahren vom Bloomberg-Reporter Mark Gurman wiederholt. Noch bis vor kurzem hieß es, Apple werde die Umstellung nun endlich dieses Jahr angehen. Auch der Insider Ming-Chi Kuo sang in diesem Chor mit - und korrigierte sich nun. Laut Kuo sollen Macs angeblich erst ab 2021 mit ARM-Hauptprozessoren ausgestattet werden.

Das schreibt Kuo in seiner jüngsten Mitteilung an Investoren. Demnach wolle Apple auf den neuen 5-Nanometer-Produktionsprozess setzen, den der Apple-Auftragsfertiger TSMC derzeit implementiere. Weitere Details nennt er nicht, auch der Bloomberg-Reporter Gurman ließ technische Einzelheiten immer wieder vermissen. Um zu verdeutlichen, wie lange diese Geschichte bereits kursiert, blicken wir satte neun Jahre zurück: 2011 schrieb die Web-Site "SemiAccurate":

"The short story is that Apple is moving the laptop line, and presumably desktops too, to ARM based chips as soon as possible. [...] So short story, x86 is history on Apple laptops, or will be in 2-3 years. In any case, it is a done deal, Intel is out, and Apple chips are in."

Beginnend mit dieser Story nahm das Gerücht bezüglich "ARM-basierter Macs" damals so richtig an Fahrt auf - erste Spekulationen gab es aber bereits 2010 oder sogar noch früher. Seitdem wurde sprichwörtlich alle paar Monate die gleiche Sau durchs Dorf getrieben - mit entsprechendem Feedback in Medien und Kommentarspalten.

 
Intel-Prozessor
 
Intel-Prozessoren in Macs - wie lange noch?
Foto: Intel.

 

Bei Gerüchten stellt sich immer die Frage: Wem nützen sie? Nicht wenige Kenner des CPU-Marktes haben in der Vergangenheit regelmäßig darauf hingewiesen, dass die ARM-Spekulationen gezielt lanciert worden sein könnten, um Apples Verhandlungsposition bezüglich der Einkaufspreise bei Intel zu verbessern. Andererseits dürfte Apple mit ziemlicher Sicherheit das Thema "ARM-CPUs in Macs" auf dem Schirm haben, um sich die technologischen Optionen für die Zukunft offenzuhalten.

MacGadget bleibt dabei: Eine Abkehr von Intel-CPUs unter Verzicht auf x86-Kompatibilität wäre Stand heute äußerst kontraproduktiv für die Plattform. Vor allem unter Profi-Nutzern und im Unternehmensumfeld ist es wichtig, Windows unter macOS als Gastsystem einzurichten (via Parallels Desktop, VMware Fusion oder VirtualBox), um nicht für den Mac verfügbare Software nutzen zu können.

Apple hat sich im Jahr 2018 auf die Fahnen geschrieben, auf die Bedürfnisse der Profi-User verstärkt eingehen zu wollen - und hat mit iMac Pro, Mac Pro, Pro Display XDR und 16-Zoll-MacBook-Pro geliefert. Und ein gewichtiges Bedürfnis in diesem Umfeld ist unbestritten die x86-Kompatibilität. Diese ist auch für die Portierung von Windows-Software auf macOS wichtig - eine Umsetzung geht bei gleicher CPU-Plattform deutlich leichter vonstatten als beispielsweise von x86 auf ARM.

Natürlich könnte sich Apple auch dazu entscheiden, zweigleisig zu fahren: ARM-Prozessoren für Consumer-orientierte Mac-Modelle und Intel-Prozessoren für Pro-Hardware. Allerdings würde dies die Plattform unnötig fragmentieren und Entwicklern die Arbeit erschweren (x86- und ARM-Codebasis müssten gleichzeitig gepflegt werden).

Für einen Wechsel der CPU-Architektur beim Mac von Intel auf ARM gibt es natürlich weiterhin gute Argumente. Erstens: Apple beweist Jahr für Jahr herausragende Qualitäten bei der Weiterentwicklung der hauseigenen Ax-Prozessoren für Smartphones und Tablets - es ist gut möglich, dass in Apples Entwicklungslaboren bereits hochgezüchtete, extrem leistungsstarke und zugleich sehr energieeffiziente Versionen für Macs (Desktops wie Notebooks) existieren.

 
MacBook Pro

 

MacBook Pro: Sind ARM-basierte Prozessoren mit x86-Erweiterung vielleicht die Zukunft?
Bild: Apple.

 

Zweitens: Apples Marktmacht ist heute schlichtweg gewaltig, ganz anders war es im Jahr 2005 beim Wechsel von PowerPC zu Intel. Damals gab es wegen der PowerPC-Perspektivlosigkeit und der deutlich schwächeren Marktposition Apples praktisch nur eine Alternative für den Mac-Hersteller, nämlich Intel. Mit einer installierten Basis von aktuell über 1,5 Milliarden aktiv genutzten Apple-Geräten (darunter mehr als 100 Millionen Macs) kann Apple selbst die Richtung vorgeben - die allermeisten Entwickler würden wohl folgen, wenn sie sich die Umsatzmöglichkeiten nicht entgehen lassen wollen.

Drittens: Apple entwirft bereits heute Prozessoren, die vom Auftragshersteller TSMC im 7-nm-Verfahren gefertigt werden. Schon dieses Jahr sollen erste CPUs mit 5-nm-Strukturen produziert werden, die Implementierung 3-nm-Technologie ist für 2022 geplant. Hier sind Apple und TSMC dem schwerfälligen Giganten Intel weit voraus. Geringere Strukturbreiten ermöglichen eine höhere Energieeffizienz, zudem finden mehr Transistoren auf der gleichen Grundfläche Platz. Der Unterschied zwischen 14 nm und 3 nm ist gewaltig (die Mehrheit aktueller Intel-CPUs wird in 14nm gefertigt).

Ein weiterer Vorteil wäre, dass Apple künftige Macs durch einzigartige, selbst entwickelte CPU-Features wieder stärker von der Konkurrenz abheben könnte - in begrenztem Rahmen zeigt Apple dies bereits heute durch den ARM-basierten T2-Coprozessor, der SSD-Verschlüsselung in Echtzeit, Sicherheitsfunktionen und Hardware-Encoding für HEVC bietet. Zudem könnte Apple auf diesem Weg dubiosen Hacks zur unautorisierten macOS-Installation auf Third-Party-Hardware einen Riegel vorschieben.

Jetzt mal sehr spekulativ: Der X-Faktor in diesen Überlegungen könnte AMD sein. Apple und AMD arbeiten immer enger zusammen. AMD beliefert Apple exklusiv mit Grafikchips, Nvidia ist schon längere Zeit raus. Nun ist es für Außenstehende äußerst schwierig, das x86-Lizenzdickicht zwischen Intel und AMD gänzlich zu durchschauen, aber AMD hat erstens die ursprüngliche 64-Bit-Implementierung für x86 entworfen (AMD64), zweitens kann AMD offenbar inzwischen selbst x86-Sublizenzen vergeben und bietet seinen Kunden spezielle Semi-Custom-Lösungen an.

Zitat: "Wir von AMD kennen keine Grenzen und geben uns deshalb auch nicht mit Einheitslösungen zufrieden. Basierend auf unseren umfangreichen Technologielösungen entwickeln wir maßgeschneiderte SoCs und setzen dabei auf die branchenführenden x86- und ARM-Multi-Core-CPUs, unsere erstklassigen AMD Radeon Grafikkarten sowie Multimedia-Beschleuniger."

Könnte der goldene Weg für den Mac vielleicht ein von Apple entworfener ARM-Prozessor mit hardwarebasierter x86-Erweiterung (in welcher Form auch immer; native Befehlsausführung, Befehlsübersetzung...) mit dem Segen von AMD sein? Erst vor kurzem wurden Referenzen auf AMD-Prozessoren in der Betaversion von macOS 10.15.4 entdeckt - was hat es wohl damit auf sich? Auch AMD nähert sich 5nm an. Könnte es Apple - auf welchem Weg auch immer - gelingen, das Beste aus beiden Welten zu vereinen? Oder sägt Apple den x86-Support einfach ohne Rücksicht auf Verluste und unter Hinweis auf die eigene Marktmacht brachial ab (ARM-only)? Oder bleibt doch alles, wie es ist?

MacGadget will einen etwaigen Umstieg von Intel- auf ARM-Hauptprozessoren weder schön-, noch schlechtreden, sondern die Situation möglichst umfassend beleuchten. Es gibt Risiken und Nachteile, es gibt aber auch unbestreitbare Vorteile. Natürlich wissen wir: Es dürfte vielen Usern schlichtweg egal sein, welcher Chip die Rechenleistung erbringt, solange alles nur einwandfrei läuft. Vorläufiges Fazit: Weiter abwarten und Tee trinken, frei nach dem Motto "nichts genaues weiß man nicht". Die nächste Apple-Entwicklerkonferenz findet in ca. drei Monaten statt und könnte zur CPU-Zukunft des Macs vielleicht endlich Antworten bringen und dringend benötigte Klarheit schaffen.