Produkthaftung: Verbraucherschützer fordern grundlegende Reform

28. Dez. 2022 12:00 Uhr - Redaktion

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat die Vorschläge der Europäischen Kommission für eine Reform des fast 40 Jahre alten Produkthaftungsrechts als nicht weitreichend genug kritisiert. Bei fehlerhaften Produkten müsse die Beweislast bei den Herstellern liegen. Außerdem sollten Betreiber von Online-Marktplätzen stärker in die Verantwortung gezogen werden, so der vzbv.

"Mit dem Entwurf hat es die Kommission verpasst, eine grundlegende Reform des Produkthaftungsrechts vorzulegen", sagt Ramona Pop, Vorständin des vzbv. Dies sei aber nötig, um die Regelungen an das digitale Zeitalter anzupassen. "Größte Baustelle ist die Beweislast. Verbraucher haben kaum eine Chance, Fehler von Produkten und Kausalitäten nachzuweisen. Besonders Geräte, die sich digital vernetzen können, sind für viele Verbraucher eine Blackbox, sollte es zu Fehlern kommen. Der vzbv fordert ganz grundsätzlich eine Umkehr der Beweislast. Diese muss bei den Herstellern liegen."

Ein modernes Produkthaftungsrecht muss laut vzbv auch die Risiken von Produkten im digitalen Zeitalter reflektieren. Bislang können Verbraucher ihre Ansprüche bei fehlerhaften Produkten erst ab einem Schwellenwert von 500 Euro geltend machen. Der vzbv begrüßt ausdrücklich, dass diese Grenze entfällt und Verbraucher bereits ab dem ersten Euro Schäden geltend machen können.

 
HomePod mini
 
Geräte für unter 500 Euro wie der HomePod mini fallen künftig unter die Produkthaftung.
Bild: Apple.

 

Nachbesserungsbedarf besteht aus Sicht des vzbv bei der Beweislast. Verbraucher sind selten in der Lage zu beweisen, dass ein Produkt fehlerhaft ist und so ein Schaden entstanden ist. Sie können nur beweisen, dass ein Produkt nicht so funktioniert, wie es soll. Hersteller kennen hingegen ihre Produkte. Sie sind besser in der Lage darzulegen, dass kein Fehler vorliegt. Daher fordert der vzbv bei bestimmungsgemäßer Verwendung des Produkts eine Beweislastumkehr.

In den ersten zwölf Monaten nach dem Kauf haben Verbraucher schon jetzt gute Karten. Von der Verbraucherzentrale Niedersachsen heißt es dazu: "Innerhalb der ersten 12 Monate nach dem Kauf macht das Gesetz es Verbrauchern leicht. Zeigt sich in diesem Zeitraum ein Fehler, wird vermutet, dass er von vornherein vorlag. Bis Ende 2021 lag dieser Zeitraum bei 6 Monaten. Danach müssen Sie beweisen, dass der Mangel von Anfang an bestand." Darauf aufbauend fordert der vzbv, die Beweislastumkehr auch auf Zeiträume ab einem Jahr auszudehnen. 

Positiv ist aus Verbrauchersicht die Klarstellung, dass es sich bei Software – egal ob alleinstehend oder integriert – um ein Produkt handelt und sie damit auch dem Produkthaftungsrecht unterliegt.

Online-Handel gewinnt immer stärker an Bedeutung. Der vzbv fordert, dass Betreiber von Online-Marktplätzen für fehlerhafte Produkte haften müssen, wenn die Produktverantwortlichen nicht greifbar sind. Denn Online-Marktplätze profitieren vom weltweiten Handel und generieren hohe Umsätze. Daher müssen Betreiber von Online-Marktplätzen in die Verantwortung genommen werden, wenn sie fehlerhafte Produkte in die EU bringen.

Zum Thema: Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung.