Macs mit Apple-Prozessoren: Häufig gestellte Fragen und Antworten

08. Juli 2020 00:01 Uhr - Redaktion

Seit wenigen Wochen ist klar: Macs werden in Zukunft nicht mehr auf Dritthersteller-Prozessoren basieren, sondern auf Apple-eigenen CPUs. Apple gibt Intel und der x86-Architektur den Laufpass - damit bewahrheiten sich seit Jahren anhaltende Gerüchte. Es ist eine Zäsur in der mehr als 36jährigen Geschichte des Rechners und bereits der dritte CPU-Architekturwechsel nach 68k => PowerPC => Intel. MacGadget beantwortet in diesem Artikel häufig gestellte Fragen zum kommenden Prozessorwechsel bei Macs.

1) Wann wurde die Umstellung von Intel- auf Apple-Prozessoren ("Apple Silicon") bekanntgegeben?

Apple hat am 22. Juni 2020 auf der Entwicklerkonferenz WWDC20 verkündet, dass Macs in Zukunft von hauseigenen Prozessoren angetrieben werden.

2) Auf welcher Architektur werden die kommenden Apple-Prozessoren für Macs basieren?

Es handelt sich dabei um die ARM-Architektur, wie sie bereits in iPhone, iPad und anderen Apple-Produkten zum Einsatz kommt (genauer gesagt ARM64). Apple ist mit ARM eng verbandelt und verfügt nicht nur über eine ARM-Architekturlizenz, die den Kaliforniern freie Hand beim Chipdesign lässt, sondern war im Jahr 1990 sogar Mitbegründer der ARM Holdings, die die Rechte an der Architektur hält. Im iPad-Vorläufer Newton MessagePad kamen in den 1990er Jahren ARM-basierte Prozessoren zum Einsatz. ARM ist eine reine RISC-Architektur.

3) Aus welchen Gründen nimmt Apple den Wechsel bei der CPU-Architektur vor?

Apple verspricht für die selbst entwickelten Mac-Prozessoren eine "marktführende Leistung pro Watt und leistungsfähigere GPUs, sodass App-Entwickler noch leistungsfähigere Pro-Apps und High-End-Spiele entwickeln können." Anders ausgedrückt: Die kommenden Mac-Prozessoren sollen in puncto Rechen- und Grafikleistung schneller sein als das, was Intel jetzt und in Zukunft zu bieten hat und gleichzeitig energieeffizienter sein.

Außerdem werden Apple-eigene CPU-Technologien wie die Neural Engine auf dem Mac Einzug halten, um Software, die Maschinelles Lernen (ML) einsetzt, deutlich zu beschleunigen. Der Hersteller führt darüber hinaus einen weiteren Pluspunkt auf: Eine gemeinsame Architektur werde die Entwicklung von Software für das gesamte Apple-Ökosystem vereinfachen, so Apple.

4) Welche weiteren Vorteile hat der Umstieg?

Erstmals in der über 36jährigen Geschichte des Rechners macht sich Apple bei der wichtigsten Komponente – dem Prozessor - unabhängig von Zulieferern. Intel hat seit der Mitte des letzten Jahrzehnts erhebliche Probleme bei der Weiterentwicklung und Markteinführung neuer CPUs. Verzögerungen waren eher die Regel als die Ausnahme. Davon war mehrfach auch Apple betroffen. Hinsichtlich der langfristigen Zukunftsfähigkeit der x86-Architektur steht ein Fragezeichen.

Statt bei Intel CPUs von der Stange einkaufen zu müssen, entwirft der Konzern jetzt in Eigenregie maßgeschneiderte Prozessoren für die verschiedenen Mac-Baureihen und kann diese in eigenem Tempo sowie nach eigenen Wünschen und Erfordernissen weiterentwickeln.

Außerdem spart Apple die hohen Intel-Margen ein und lässt selbst kostengünstig bei Auftragsfertigern wie TSMC produzieren. Und: Bestehende iOS/iPadOS-Apps werden ohne Modifikationen auf Macs mit Apple-Prozessoren laufen.

 

 

5) Wann sollen die ersten Macs mit Apple-Prozessoren auf den Markt kommen?

Apple plant die Markteinführung der ersten Macs mit hauseigenen CPUs für das vierte Quartal 2020.

6) Wie lange soll die Umstellung dauern?

Sie wird laut Apple zwei Jahre dauern, d. h. bis Ende 2022.

7) Werden alle Mac-Baureihen auf Apple-Prozessoren umgestellt?

Ja. MacBook Air, MacBook Pro, Mac mini, iMac, iMac Pro und der Mac Pro werden sukzessive mit Apple-Prozessoren ausgestattet.

8) Welche Softwarehersteller haben bereits Unterstützung für Macs mit Apple-Prozessoren angekündigt?

Es sind vom ersten Tag an Schwergewichte wie Adobe, Microsoft und Parallels an Bord. Apple demonstrierte auf der WWDC20-Keynote bereits Microsoft Office, Parallels Desktop, Photoshop und Lightroom in ARM-nativen Versionen auf Macs.

9) Werden Macs mit Apple-Prozessoren die Boot-Camp-Software zur Nutzung von Windows unterstützen?

Nein, die Boot-Camp-Software wird es auf Macs mit ARM-Prozessoren nach Angaben von Apple nicht geben.

10) Werden Macs mit Apple-Prozessoren über Virtualisierungstechnologie verfügen?

Ja, Macs mit Apple-Prozessoren sind mit Virtualisierungstechnologie ausgestattet, um Betriebssysteme für die ARM-Architektur als Gastsystem zu nutzen. Apple demonstrierte dies während der WWDC20-Keynote mit Parallels Desktop und der Linux-Distribution Debian in einer VM.

Ob sich die ARM-Version von Windows, die Microsoft seit einigen Jahren anbietet, auf Macs mit Apple-CPUs virtualisieren lassen wird, bleibt abzuwarten. Weder Apple noch Microsoft haben sich bislang dazu geäußert. Die ARM-Version von Windows kann übrigens 32-Bit-Intel-Software emulieren, was einen Pfad der Abwärtskompatibilität bereitstellen würde. Über eine 64-Bit-Emulation im ARM-Windows wird spekuliert.

11) Werden Macs mit Apple-Prozessoren über Thunderbolt-Unterstützung und Unterstützung für (externe) AMD-Grafikkarten verfügen?

Dazu hat sich Apple noch nicht geäußert. Wir gehen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon aus, dass dies der Fall sein wird (die eGPU-Unterstützung eingeschlossen), doch eine Bestätigung dafür wird noch erwartet. Apple hat seit mehr als einem Jahrzehnt stark in Thunderbolt investiert, die Schnittstelle ist etabliert und ein integraler Bestandteil des Macs, das Ecosystem gedeiht. Thunderbolt teilt sich mit USB den Steckertyp, die Thunderbolt-Spezifikationen wurde zwischenzeitlich freigegeben (keine Lizenzkosten für Dritthersteller mehr) und das kommende USB 4 integriert Thunderbolt sogar. Es ist Stand heute sehr viel mehr wahrscheinlicher, dass Thunderbolt weiterentwickelt (höhere Bandbreiten) als eingestellt wird. Nachtrag (09. Juli): Apple bestätigt: Macs mit ARM-Prozessoren werden Thunderbolt unterstützen.

Die Apple-Chips verfügen neben dem eigentlichen Hauptprozessor (CPU) auch über einen Grafikprozessor (GPU) sowie weitere Funktionen und Coprozessoren (darunter Neural Engine, native Verschlüsselung, Controller...). Dennoch ist davon auszugehen, dass Apple auch in Zukunft mit AMD für High-End-Grafikkarten zusammenarbeiten wird. Aber auch hier gilt: Eine Bestätigung steht noch aus.

 
Apple-Prozessoren für Macs
 
Aufbau der Apple-Prozessoren: Kommende Mobilmacs haben spezielle Stromsparkerne.
Bild: Apple.

 

12) Wird sich für Intel-Macs geschriebene Software auf Macs mit Apple-Prozessoren nutzen lassen?

Ja, mit Hilfe der Übersetzungstechnologie Rosetta 2. Rosetta 2 soll schneller, leistungsfähiger und kompatibler sein als die erste Version bei der PowerPC-auf-Intel-Umstellung - so das Versprechen Apples. Rosetta 2 übersetzt x86-Software automatisch bei der Installation in ARM-kompatiblen Code. Dadurch ist keine Echtzeit-Übersetzung im Betrieb notwendig, was der Performance zugute kommt.

Apple hat aber zusätzlich eine Live-Übersetzung für spezifische Bereiche implementiert, beispielsweise für Java-Code oder JavaScript-Just-in-Time-Compiler. Rosetta 2 sei auch für komplexe Anwendungen und Plug-ins ausgelegt, so Apple weiter. Nicht unterstützt werden Kernel-Extensions und x86-Virtualisierer, gleiches gilt für spezifische Vektor-Befehle von Intel-Prozessoren (AVX, AVX2, and AVX512).

13) Wie geht es mit der installierten Basis von über 100 Millionen aktiv genutzten Intel-Macs weiter?

Eine Unterstützung seitens Apple ist in den kommenden Jahren gewährleistet. Dies betrifft sowohl den Hardware-Support als auch den Software-Support. Apple bietet für abgekündigte, aus dem Verkauf genommene Produkte noch für einen Zeitraum von bis zu sieben Jahren Hardware-Support (Ersatzteile, Reparaturen…) an. Zudem hat Apple angekündigt, dass Intel-basierte Macs noch jahrelang mit neuen macOS-Versionen versorgt werden (und danach wahrscheinlich noch mit Sicherheitsaktualisierungen).

14) Warum kommen trotz der angekündigten Umstellung noch weitere Macs mit Intel-Prozessoren auf den Markt?

Bevor Ende des Jahres die ersten Macs mit Apple-Prozessoren auf den Markt kommen werden, will das Unternehmen nach eigenen Angaben noch Modelle mit Intel-CPUs herausbringen. Doch warum? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Die kommenden Intel-basierten Modelle (wie auch alle anderen aktuellen Intel-Macs) richten sich an Kunden, die jetzt und sofort neue Arbeitsgeräte benötigen, unter Gewährleistung voller Kompatibilität mit aktueller Software und Peripherie von Drittherstellern. Damit unterstreicht Apple, dass es eine jahrelange Koexistenz von Intel-basierten und ARM-basierten Macs geben wird.

15) Welche weiteren Änderungen wird es bei Macs mit Apple-Prozessoren geben?

Künftige Macs mit Apple-eigenen, ARM-Prozessoren werden spezifische Hardware-Funktionen bieten. Den Anfang macht die von iOS-basierten Geräten bekannte Neural Engine, die Maschinenlernen-Berechnungen erheblich beschleunigt, wovon künftig auch Mac-Anwendungen profitieren werden. Apple demonstrierte dies bereits in Final Cut Pro X.

Der Target-Disk-Modus ("Festplattenmodus") wird durch den Mac-Sharing-Modus ersetzt, der den Mac in einen SMB-Dateiserver verwandelt (entsprechende Adminfreigabe vorausgesetzt) und via SMB-Freigabe auf dem anderen Rechner einbindet.

Die bisherigen Startup-Tastenkombinationen (Befehl-R, Alt, T usw.) werden durch eine einzige Aktion ersetzt: Längeres Drücken des Touch-ID-Buttons bzw. Einschaltknopfes. Dies startet den neuen Bootmanager, der verfügbare Startvolumes und ein Icon für "Optionen" anzeigt. Die Optionen stellen unter anderem den Wiederherstellungsmodus und die Sicherheitseinstellungen bereit.

Hinweis: MacGadget wird diesen FAQ-Artikel in den kommenden Wochen regelmäßig aktualisieren und erweitern, sobald weitere technische Einzelheiten bekannt werden.

Nachtrag (24. August): Macs mit Apple-Prozessoren: Nutzung von Software aus allen Quellen weiterhin möglich.