Smartphones, Tablets, Notebooks: Fast 300 Millionen Alt-Geräte in deutschen Haushalten

21. Dez. 2022 15:00 Uhr - Redaktion

Länger als der Umfang des Äquators und fünf Mal so schwer wie der Berliner Fernsehturm: Die Deutschen horten einen wachsenden Berg an ausrangierten Geräten und Elektroschrott. So bewahren die Bundesbürger aktuell rund 210 Millionen Handys oder Smartphones, 49 Millionen Laptops und 26 Millionen Tablets ungenutzt bei sich zu Hause auf.

Das ist das Ergebnis einer Berechnung des Digitalverbands Bitkom auf Basis einer repräsentativen Befragung von 1003 Personen in Deutschland ab 16 Jahren. Demnach haben sich diese Zahlen im Laufe der Jahre vervielfacht: Waren es 2014 noch rund 100 Millionen ausrangierte Handys und Smartphones, wurden im Jahr 2018 schon 124 Millionen Stück gezählt. Die Summe der Alt-Laptops belief sich im Jahr 2014 noch auf 22 Millionen und 2018 auf 32 Millionen. Der Bestand an Alt-Tablets wurde von Bitkom in diesem Jahr erstmalig erhoben.

"Fast 300 Millionen Alt-Geräte warten auf ihren Einsatz. Noch funktionsfähige Smartphones, Tablets oder Laptops sollten weitergegeben und wiederverwendet werden, defekte Geräte gehören fachgerecht entsorgt und recycelt", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

Insgesamt besitzen 87 Prozent der Deutschen wenigstens ein ungenutztes Handy oder Smartphone, 47 Prozent mindestens einen oder mehr ungenutzte Laptops und 20 Prozent ein oder mehr ausrangierte Tablets. Jeder und jede zweite Deutsche (48 Prozent) sagt: In unserem Haushalt liegen zu viele ungenutzte IT-Altgeräte herum.

Legt man herkömmliche Maße für Gewicht und Größe der Alt-Geräte zu Grunde, ergibt sich für die Stückzahl von knapp 300 Millionen ein Gesamtgewicht von rund 135.000 Tonnen und aneinander gelegt eine Strecke von rund 55.000 Kilometern. Zum Vergleich: Der Umfang des Äquators beträgt etwas über 40.000 Kilometer.

 
210 Millionen Alt-Handys in deutschen Schubladen
 
Immer mehr ungenutzte Handys liegen in deutschen Haushalten.
Bild: Bitkom.

 

Kobalt, Gold, Seltene Erden – ein großer Rohstoff-Schatz

Mit den Alt-Geräten liegt nicht nur eine große Menge Kunststoff und Glas in den Schubladen und Schränken herum, sondern auch zahlreiche wertvolle Rohstoffe. Beispiel Alt-Handys und Smartphones: Neben ca. 6600 Tonnen Aluminium, dessen Ausgangsstoff Bauxit von der EU als kritischer Rohstoff eingestuft ist, finden sich in den 210 Millionen Geräten große Mengen der ebenfalls kritischen Rohstoffe Kobalt (ca. 1400 Tonnen), Lithium (ca. 180 Tonnen), Magnesium (ca. 140 Tonnen), Titan (ca. 60 Tonnen) sowie Phosphor, Tantal, Platin-Metalle oder Seltene Erden.

In vergleichsweiser kleiner Menge, aber umso wertvoller: Gold ist mit einem geschätzten Gewicht von 3 Tonnen in den 210 Millionen deutschen Alt-Handys und Alt-Smartphones vorhanden. Insgesamt besteht ein Smartphone aus rund 60 verschiedenen Komponenten. "Die Herstellung eines Smartphones benötigt viele Rohstoffe, Energie und Ressourcen. Werden sie länger genutzt, wirkt sich dies positiv auf ihren ökologischen Fußabdruck aus“, betont Rohleder. „Die Deutschen horten einen riesigen Rohstoffschatz. Auch vor dem Hintergrund immer wieder neu unterbrochener Lieferketten ist wichtig, dass wir die schon vorhandenen Rohstoffe in den Haushalten nicht brach liegen lassen."

Die Hälfte hat Interesse an Refurbished-IT

Insgesamt zeigen die Deutschen ein wachsendes Bewusstsein für den ökologischen Rucksack von technischen und digitalen Geräten. 8 von 10 (79 Prozent) geben an, Geräte länger zu nutzen, statt schnell neu zu kaufen, da dies Ressourcen schont. 58 Prozent lassen elektronische Geräte bei einem Defekt reparieren, statt neue zu kaufen. Rund ein Sechstel der Deutschen (15 Prozent) hat schon einmal gebrauchte, aber professionell aufbereitete Produkte gekauft, so genannte Refurbished-IT. Weitere 50 Prozent können es sich für die Zukunft vorstellen. Knapp ein Drittel (31 Prozent) schließt dies jedoch für sich aus.

"Es gibt mittlerweile mehrere Unternehmen, die sich allein auf dieses Segment spezialisiert haben. Auch viele große Hersteller nehmen ausgemusterte Geräte bei einem Neukauf in Zahlung und bieten sie komplett refurbished wieder an. Das ist nicht nur nachhaltig, sondern die Kunden sparen auch Geld und erhalten auf die Geräte sogar wieder eine Garantie" betont Rohleder.

Dennoch gibt es auch Gründe, die für die Verbraucher für einen Neukauf von Smartphones, Tablets und anderen Geräten sprechen. Für die meisten (74 Prozent) ist die nicht mehr vorhandene Unterstützung älterer Geräte mit Updates ein Grund, diese auszurangieren. 70 Prozent würden ihre Geräte gern länger nutzen, aber die Leistungen und Funktionen reichen irgendwann nicht mehr aus. 38 Prozent ist grundsätzlich wichtig, immer möglichst aktuelle Geräte zu nutzen.

Um die Nutzungsdauer von Geräten wie Smartphones, Laptops und Tablets insgesamt zu verlängern, schlägt Bitkom eine Mehrwertsteuersenkung auf Reparaturen vor, damit diese insgesamt erschwinglicher werden. Auch 69 Prozent der Deutschen halten eine solche Mehrwertsteuersenkung für sinnvoll.

4 von 10 Deutschen haben kürzlich ein Alt-Gerät entsorgt

Die Entsorgung von ausrangierter Technik ist bei den Deutschen trotz der hohen Alt-Geräte-Zahlen ein Thema. 43 Prozent haben kürzlich, also in den vergangenen 12 Monaten, mindestens ein IT-Gerät entsorgt, verkauft oder verschenkt. Am meisten gilt dies für PC-Zubehör wie Tastaturen, Computermäuse, Webcams und Co.: 20 Prozent haben sich davon in den zurückliegenden 12 Monaten getrennt.

Die Mehrheit von ihnen hat die IT-Kleingeräte an den Händler oder an eine vom Händler angegebene Sammelstelle zurückgebracht (31 Prozent). Jeweils ein Fünftel hat sein altes PC-Zubehör verschenkt (19 Prozent) oder beim Recyclinghof abgegeben (18 Prozent). Von Smartphones oder Handys haben sich insgesamt 17 Prozent der Deutschen in den vergangenen 12 Monaten getrennt: Hier gehen die Geräte ebenfalls mehrheitlich an die Händler oder an eine vom Händler angegebene Sammelstelle zurück (58 Prozent).

Ein Drittel derjenigen, die ein Handy oder Smartphones entsorgt haben, hat es verkauft (34 Prozent) und 10 Prozent haben es verschenkt. Auch von alten Fernsehern (14 Prozent), Desktop-PCs (13 Prozent), Monitoren (8 Prozent) oder Laptops (4 Prozent) hat man sich in den vergangenen 12 Monaten getrennt – wenngleich seltener.