"Wir sind zuversichtlich, das Mooresche Gesetz noch eine ganze Weile erfüllen zu können"

19. Okt. 2009 14:30 Uhr - sw

Interview mit:

Martin Strobel, Pressesprecher von Intel Deutschland.

Der Core i7 ist Intels neuester Mobilprozessor, der gegenüber der Vorgängergeneration Core 2 Duo eine deutlich höhere Leistung bietet. Mac-User sollten sich den Namen gut merken, denn Gerüchten zufolge könnte der Vierkernchip Core i7 künftige iMac- und MacBook Pro-Generationen antreiben. Über die Neuerungen des Core i7, die aktuellen Trends in der Prozessorentwicklung und das "Mooresche Gesetz" sprach MacGadget mit Martin Strobel von Intel Deutschland.


MacGadget: Mit dem Core i7 hat Intel eine neue Generation von Mobilprozessoren vorgestellt, die den mobilen Core 2 Duo ablöst. Welche Vorteile bietet der Core i7 hinsichtlich Leistung, Architektur und Energiesparmanagement gegenüber dem Core 2 Duo Mobile?

Martin Strobel: Die neuen Intel Core i7-Prozessoren für Notebooks basieren auf der "Nehalem"-Mikroarchitektur, haben vier Kerne und verfügen über die Hyper-Threading-Technik. Damit können die CPUs mit ihren vier Kernen bis zu acht Threads parallel bearbeiten (d. h. die Zahl der Prozessorkerne wird virtuell verdoppelt). Das bringt beim Arbeiten mit Software, die für mehrere Kerne und Threads optimiert ist, einen gewaltigen Leistungssprung - besonders bei der professionellen Audio-, Video- und Grafikbearbeitung, aber auch im wissenschaftlichen Bereich.

Aber auch Software, die nicht für mehrere Kerne optimiert ist, läuft auf den Core i7-Prozessoren schneller. Dafür haben Martin Strobelwir die Prozessoren mit der Turbo-Boost-Technik ausgestattet. Diese beschleunigt Anwendungen, die nicht alle Prozessorkerne ausnutzen, indem sie die Taktfrequenz einzelner Kerne anhebt und damit die Geschwindigkeit um bis zu 75 Prozent steigert.

Die neuen Prozessoren haben aber auch in puncto Stromsparen einige Tricks eingebaut. Schon lange verfügen unsere CPUs (CPU = Hauptprozessor) über das so genannte Enhanced Intel Speed Step (EIST). Dieses regelt die Taktfrequenz und die Spannung des Prozessors. Der Prozessor legt sich entweder schlafen, wenn er nicht gebraucht wird (Idle Mode), oder die CPU läuft mit voller Taktfrequenz – oder einer Stufe dazwischen, je nachdem, welche Aufgabe zur Abarbeitung ansteht.

Neu im Core i7 ist die Power Control Unit (PCU), die die Turbo-Boost-Funktion steuert und zudem dafür verantwortlich ist, dass einzelne Bereiche und Kerne des Chips komplett abgeschaltet werden, wenn diese nicht benötigt werden. Dabei überwacht die PCU das Einhalten der TDP-Begrenzung (TDP steht für Thermal Design Power; beschreibt die maximal mögliche Verlustleistung bzw. Wärmeabgabe eines Prozessors) und die Grenztemperatur.

Die Turbo-Boost-Technik verursacht übrigens keinen zusätzlichen Stromverbrauch.

MacGadget: Zum Erstaunen vieler Anwender wird der Core i7 anfangs nur mit 1,6, 1,73 und 2,0 GHz Taktfrequenz angeboten, während der Core 2 Duo derzeit bis maximal 3,06 GHz erhältlich ist. Wie erklärt Intel dieses "Downgrade" bei den Taktfrequenzen?

Martin Strobel: Das liegt auch wieder an der Kombination aus vier Kernen, Hyper-Threading und Turbo-Boost. Läuft Software, die mehrere Kerne nutzen kann, so profitiert die Software von vier aktiven Kernen bzw. acht Threads. Alle vier Kerne können dann immer noch um eine Taktfrequenzstufe nach oben schalten. Läuft aber Software, die nicht auf alle vier Kerne zugreifen kann, so läuft der Prozessor mit bis zu 2,8, 3,03, 3,2 GHz (i7-720; i7-820; i7-920). Turbo Boost fragt also ab, wie viele Kerne aktiv sind (vier, drei, zwei oder nur einer) und schaltet dann die Taktfrequenz nach oben bis die TDP-Begrenzung erreicht ist.

MacGadget: Muss Mac OS X an die neuen Techniken Hyper-Threading und Turbo-Boost erst angepasst werden oder ist das Apple-Betriebssystem von Haus aus fit für Hyper-Threading und Turbo-Boost?

Martin Strobel: Das Apple-Betriebssystem – und damit die darauf laufenden Anwendungen – unterstützt bereits jetzt die neuen Techniken und profitiert davon.

MacGadget: Der Core i7 wird im 45-Nanometer-Verfahren gefertigt, doch Intel steht bereits an der Schwelle zum 32-Nanometer-Herstellungsprozess. Ab wann wird der Core i7 Mobile mit 32 Nanometern gefertigt und welche Vorteile bringt dies?

Martin Strobel: Die nächste "Nehalem"-Generation mit dem Codenamen "Westmere" steht produktionstechnisch bereits in den Startlöchern. Die Fertigung der für den Verkauf bestimmten Prozessoren wird im vierten Quartal beginnen. Die "Westmere"-Prozessoren, im 32-Nanometer-Verfahren gefertigt, werden die ersten sein, bei denen der Grafikprozessor (GPU) mit in das Chipgehäuse integriert ist.

Westmere-Prozessoren

"Westmere"-Prozessoren:
"Nehalem"-basierte Chips, gefertigt im 32-Nanometer-Verfahren
mit einer im Prozessorgehäuse integrierten GPU


MacGadget: Welche Vorteile bringt diese so genannte Chipkonsolidierung? Was hat man davon, wenn viele Funktionen auf einem Chip oder einem Chipgehäuse integriert sind?

Martin Strobel: Nun, erstens wird Platz auf dem Mainboard gespart, das dann entweder kleiner gebaut werden kann, wodurch die Gerätegrößen schrumpfen. Oder man kann den frei gewordenen Platz auf dem Mainboard für zusätzliche Features nutzen.

Zweitens ist es deshalb sinnvoll, die GPU entweder ins CPU-Gehäuse oder direkt in die CPU zu integrieren, weil dort bereits der Speichercontroller sitzt. Die integrierte Grafik greift bekanntlich auf den allgemeinen Arbeitsspeicher zu. Die Integration der GPU ins CPU-Gehäuse oder die CPU selbst ermöglicht daher kürzere und damit schnellere Wege zum Arbeitsspeicher. Die Daten müssen nicht erst noch über eine weitere Verbindung in ein anderes Gehäuse (früher war die GPU in der so genannten "Northbridge" des Chipsatzes untergebracht) transportiert werden.

Drittens kann man sagen, dass sich durch die Chipkonsolidierung der Strombedarf senken lässt.

MacGadget: Bei der Prozessorentwicklung setzt Intel auf eine Vermehrung von Prozessorkernen innerhalb eines Chips. Welche weiteren aktuellen Trends gibt es in der CPU-Entwicklung?

Martin Strobel: Sicherlich hat die Bedeutung der Prozessorkerne in den letzten vier Jahren stark zugenommen, aber das wichtigere Thema in der Halbleiterindustrie ist der Trend nach so genannten "System on a Chip"-Lösungen. Im klassischen Notebook-, Desktop- und Serverumfeld findet eine "Chipkonsolidierung" statt. Wenn früher die zentralen Core i7 MobileElemente eines Motherboards, der Prozessor und der Chipsatz, drei Chips beinhaltete, so sind das heute nur noch zwei. Viele Funktionen, die ursprünglich in der so genannten "Northbridge" untergebracht waren, sitzen heute neben dem Prozessor im selben Chip oder im selben Gehäuse. Wie eben schon erwähnt, wird bei unseren "Westmere-Prozessoren" auch der Grafikchip mit im Prozessor-Package stecken.

Intel hat aber auch bereits vor Jahren erkannt, wie wichtig eine enge Verknüpfung von Hard- und Software für den Erfolg seiner Plattformen und Prozessoren ist. Daher gibt es bei Intel seit dem Jahr 1995 die Software and Services Group (SSG). Diese bietet weltweit Software-Produkte und -Services, Design-Tools sowie technische Expertise und Beratung an. Durch die umfassenden Leistungen der SSG kann die Software-Community das Potenzial der Intel-Prozessortechnologien optimal ausschöpfen und Computer, Server sowie komplette IT-Infrastrukturen nutzen, um die bestmögliche Leistung, Laufzeit und Effizienz zu erzielen.

MacGadget: Wann ist mit Sechs- und Achtkernprozessoren von Intel zu rechnen?

Martin Strobel: Zwei Sechskern-Prozessoren von Intel gibt es schon: den Xeon X7460 und den Xeon E7450. Weitere Sechskern-CPUs folgen im Jahr 2010: Der "Gulftown", ein 32-Nanometer-Prozessor mit sechs Kernen für High-End-Workstations und der "Westmere-EP" für Server. Aussagen über Laptop-Prozessoren mit mehr als vier Kernen können wir gegenwärtig noch nicht machen.

MacGadget: Intel will das "Mooresche Gesetz" fortschreiben (der Intel-Mitbegründer Gordon E. Moore machte im Jahr 1965 eine Vorhersage, die noch heute Gültigkeit hat. Sie besagt, dass sich die Anzahl der Transistoren auf einem Chip etwa alle zwei Jahre verdoppelt). Mit welchen Technologien und Initiativen soll dieses Vorhaben in den kommenden Jahren sichergestellt werden?

Martin Strobel: Erstens durch die weitere Verkleinerung von Strukturbreiten. Die Fertigung der für den Verkauf bestimmten Prozessoren mit einer Strukturbreite von 32 Nanometern wird im vierten Quartal 2009 beginnen und auf dem Intel Developer Forum (IDF) im September 2009 haben wir den weltweit ersten Silizium-Wafer mit funktionsfähigen Chips gezeigt, deren Transistoren eine Strukturbreite von 22 Nanometern aufweisen. Wenn wir uns an unseren Fahrplan halten, dann kommen diese 22-Nanometer-Chips in 1,5 Jahren auf den Markt.

Das Mooresche Gesetz

Das Mooresche Gesetz:
Originalzeichnung von Intel-Mitbegründer Gordon Moore aus dem Jahr 1965


Zweitens arbeitet unsere Forschungsabteilung bereits an den nächsten vier Generation der zukünftigen Transistoren. Dabei forschen wir unter anderem an der Möglichkeit, Kohlenstoffnanoröhren einzusetzen oder durch so genanntes Silicon-Scaffolding den Aufbau der Transistoren zu verändern, indem wir verschiedene chemische Elemente verwenden.

Wir sind also zuversichtlich, das so genannte "Mooresche Gesetz" noch eine ganze Weile erfüllen zu können. Generell ist es aber hier wie auf einer nebligen Strasse. Man sieht in etwa 50 bis 100 Meter nach vorne. Das heißt aber nicht, dass danach die Strasse aufhört.

MacGadget: Der aktuellen "Nehalem"-Mikroarchitektur, auf der der Core i7 Mobile sowie auch die im aktuellen Mac Pro und Xserve verwendeten Xeons basieren, soll von der "Sandy Bridge"-Architektur abgelöst werden. Welche Neuerungen sind für "Sandy Bridge" geplant und wann sollen die ersten "Sandy Bridge" basierten CPUs auf den Markt kommen?

Martin Strobel: Die "Sandy Bridge"-Prozessoren werden voraussichtlich im vierten Quartal 2010 hergestellt werden. Diese integrieren erstmals einen Grafikkern und den Prozessorkern auf einem einzigen Silizium-Chip. Das ist eine weitere Verbesserung gegenüber den "Nehalem"-basierten "Westmere"-Chips, bei denen den der Grafikprozessor zwar in das Prozessorgehäuse integriert ist, es sich aber immer noch um zwei separate Chips handelt. Zudem verfügt "Sandy Bridge" über AVX-Instruktionen für beschleunigte Fließkommaberechnungen sowie Media- und weitere rechenintensive Software.

MacGadget: Unter dem Codenamen "Larrabee" arbeitet Intel an einem neuartigen Grafikprozessor. Inwiefern unterscheidet sich "Larrabee" von heutigen GPUs und was sind die Vorteile von "Larrabee"?

Martin Strobel: "Larrabee" wird im Jahr 2010 auf den Markt kommen. "Larrabee" ist ein Grafikprozessor basierend auf der x86-Architektur. Dadurch ist "Larrabee" äußerst flexibel programmierbar. "Larrabee" wird zunächst in diskreten Grafikkarten implementiert sein und zu einem späteren Zeitpunkt voraussichtlich zusammen mit weiteren Technologien in den Prozessor eingebettet werden.

MacGadget: Herr Strobel, vielen Dank für das Gespräch.

Links:
Intel-Produktseiten zum Core i7 und Core i7 Extreme
Animation zur Turbo-Boost-Technologie
Animation zur Hyper-Threading-Technologie
Das Mooresche Gesetz
Intels Innovationsgeschichte