Externe Grafikkarten am Mac: Der Stand der Dinge

16. Okt. 2018 15:00 Uhr - Redaktion

Die Unterstützung für externe Grafikkarten (eGPU) gehört zu den bedeutendsten Neuerungen in macOS in den letzten Jahren. Mac-Nutzer haben dadurch die Möglichkeit, die Leistung ihres Rechners bei Bedarf signifikant zu erhöhen. Dabei geht es nicht nur um 3D-Software und Spiele, von der enormen Power moderner Grafikkarten profitieren dank fortschrittlicher Betriebssystemtechnologien inzwischen auch nicht-grafische Anwendungen. MacGadget hat den aktuellen Stand der Dinge bezüglich der eGPU-Unterstützung in macOS beleuchtet.

Die eGPU-Unterstützung via Thunderbolt 3 wurde von Apple auf der Entwicklerkonferenz WWDC 2017 als eine der Neuerungen von macOS High Sierra angekündigt. Allerdings war die Funktion zum damaligen Zeitpunkt noch weit von der Fertigstellung entfernt. Erst im Frühjahr dieses Jahres wurde die Nutzung externer Grafikkarten offiziell von Apple aus der Betaphase entlassen – im Rahmen der Veröffentlichung des Betriebssystemupdates macOS 10.13.4.

Jedoch bestanden auch unter macOS 10.13.4 etliche Einschränkungen, allen voran die Notwendigkeit, einen externen Bildschirm direkt an die Grafikkarte anschließen zu müssen. Mit macOS Mojave hat Apple dieses große Manko behoben: Jetzt profitieren auch die in MacBook Pro und iMac eingebauten Monitore von der Leistung der externen Grafikkarte, ein zweiter Bildschirm wird nicht mehr zwingend benötigt.

 
macOS Mojave
 
macOS Mojave: Die eGPU-Unterstützung ist jetzt ausgereift.
Bild: Apple.

 

Dies geschieht wie folgt: Im Finder von macOS Mojave wird im Info-Dialog eines Programms die Option "Externe GPU bevorzugen" ausgewählt. Nun wird diese Anwendung auf dem internen Display von der externen Grafikkarte beschleunigt.

Anzumerken ist, dass das Zurückleiten des Grafiksignals via Thunderbolt 3 an den Mac wertvolle Bandbreite kostet. Daher wird für beste Performance weiterhin der direkte Betrieb eines Bildschirms an der eGPU empfohlen. In dieser Konfiguration ist die eGPU-Beschleunigung übrigens automatisch für alle Programme aktiviert.

Darüber hinaus hat Apple in macOS Mojave weitere Optimierungen für die Nutzung externer Grafikkarten vorgenommen, auch im Hinblick auf die Performance. Unter macOS High Sierra vereinzelt auftretende Bildartefakte, die beispielsweise beim Verschieben von Fenstern zwischen internem und externem Monitor auftreten konnten, sind in macOS Mojave nicht mehr zu beobachten.

 
macOS Mojave
 
Das eGPU-Menü: Anschließen und abklemmen im laufenden Betrieb möglich.
Bild: Apple.

 

In der Praxis: Puck Radeon RX 570 von Sonnet Technologies

MacGadget hat die externe AMD-basierte Grafikkarte Puck Radeon RX 570 des kalifornischen Herstellers Sonnet Technologies einem Langzeittest unterzogen. So wichtig Benchmarks (mehr dazu später) auch sind, geht es in professionellen Workflows natürlich um die Frage der Zuverlässigkeit im Dauereinsatz. Daher haben wir die Puck Radeon RX 570 über mehrere Monate mitlaufen lassen, um zu beobachten, wie die eGPU-Unterstützung tagein, tagaus am Mac funktioniert und ob Probleme bei Betriebssystemupdates auftreten.

Wir sind dabei zu mehreren durchweg positiven Erkenntnissen gelangt. Erstens funktioniert der eGPU-Betrieb am Mac absolut stabil, es gab keinerlei Systemabstürze oder Probleme mit genutzten Anwendungen. Zweitens ist die Inbetriebnahme Apple-like: Die externe Grafikkarte wird einfach im laufenden Betrieb per Thunderbolt-3-Kabel angeschlossen und sofort erkannt – echtes Plug & Play, die Installation von Treibern ist nicht erforderlich.

 
 
Puck Radeon RX 570
 
Leistungsstarke externe Grafikkarte für den Mac: Puck Radeon RX 570.
Bild: Sonnet Technologies.

 

Drittens sind Betriebssystemaktualisierungen völlig reibungslos verlaufen – sowohl unter macOS High Sierra beim Update von Version 10.13.5 auf 10.13.6 als auch beim Wechsel 10.13.6 auf macOS Mojave. Viertens ist die Co-Existenz zweier Grafikchips – intern und extern – überhaupt kein Problem. Beispielsweise kann das MacBook-Pro-Display von der schwächeren Intel-GPU übernommen werden, während sich die eGPU um einen großen externen Monitor kümmert.

Fünftens überzeugt die Puck Radeon RX 570 durch ihre hohe Leistung. Sie ist nicht nur deutlich schneller als Intel-Grafikchips, sondern lässt auch etliche von Apple eingesetzte AMD-GPUs hinter sich, wie das folgende Diagramm zeigt.

 
GPU-Benchmarks
 
Grafikkartenleistung im OpenCL-Benchmarktest.

 

Der Vergleich berücksichtigt Grafikchips, die in Thunderbolt-3-Macs serienmäßig zu finden sind, d. h. die 2016er, 2017er und 2018er MacBook-Pro-Generation sowie die 2017er iMac-Baureihe. Auffällig ist, dass die Puck Radeon RX 570 fast an die Radeon Pro 580 des 27-Zoll-iMacs herankommt. Der Pro 570 ist die RX 570 von Sonnet klar überlegen.

Von der zusätzlichen Leistung profitiert generell die Grafikdarstellung des Macs, besonders bemerkbar macht sie sich beispielsweise beim Rendern, beim Anwenden von Filtern und Effekten, beim Encoding, bei der Echtzeitbearbeitung umfangreicher Video- und Bildprojekte oder bei der Farbkorrektur.

In Spielen sind höhere Grafikeinstellungen und Auflösungen möglich, zudem wird der Weg für Virtual-Reality-Brillen geebnet. Dank Technologien wie Metal und OpenCL können aber auch nicht-grafische Anwendungen auf die GPU-Leistung zugreifen, beispielsweise für die Datenanalyse oder Berechnungen fast aller Art.

Die Puck Radeon RX 570 ist eine kleine Box mit externem Netzteil und mit vier GB GDDR5-VRAM ausgestattet. Zum Anschluss von Bildschirmen stehen drei DisplayPort-Anschlüsse (Version 1.4) und eine HDMI-Schnittstelle (Version 2.0b) zur Verfügung. Der Betrieb von 4K- und 5K-Displays bei 60 Hz wird unterstützt. Ein Thunderbolt-3-Anschlusskabel gehört zum Lieferumfang.

Zur Geräuschentwicklung: Der eingebaute Lüfter wird erst bei stärkerer Beanspruchung eingeschaltet und dreht dann je nach Last hoch, ohne jedoch zu laut zu werden. Ohne aktiven Lüfter ist die Puck Radeon RX 570 – abgesehen von dem bei Grafikkarten üblichen Spulenfiepen (das bei normalen Umgebungsgeräuschen im Büro untergeht) – praktisch nicht zu hören.

Im Handel ist die Puck Radeon RX 570 für rund 650 Euro zu bekommen. Die etwas schwächere Ausführung Puck Radeon RX 560 gibt es für ungefähr 450 Euro, diese wird jedoch von Apple noch nicht offiziell unterstützt (sie wird jedoch vom System einwandfrei erkannt und es gibt keine bekannten schwerwiegenden Probleme).

MacGadget kann die Puck Radeon RX 570 von Sonnet Technologies uneingeschränkt empfehlen. Sonnet Technologies ist seit über 20 Jahren im Mac-Markt tätig und besitzt eine herausragende Expertise bei der Entwicklung und Herstellung von Hardware-Upgrades und -Zubehör für den Mac. Diese spiegelt sich in der hohen Qualität der Puck Radeon wider.

Fazit zur eGPU-Unterstützung unter macOS

Apple schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Erstens wurde dem Hersteller in den letzten Jahren wiederholt vorgeworfen, zu wenig für Mac-Nutzer mit höheren Ansprüchen (die viel zitierte "Pro"-Fraktion) zu tun. Dies ist beispielsweise bei den Mac-Desktops – in diesem Bereich hat Apple erst spät die Kurve gekriegt (Stichworte iMac Pro und der kommende erweiterbare Mac Pro) – sicherlich richtig. Dabei wird aber gerne übersehen, dass es sehr wohl Bemühungen von Apple gibt, den Mac für professionelle Anwender wieder attraktiver zu machen. Die Unterstützung für externe Grafikkarten gehört zweifelsfrei dazu.

Zweitens kann mit der eGPU-Unterstützung ein häufig geäußerter Kritikpunkt an Macs - die in vielen Modellen unzureichende Grafikleistung - ausgeräumt werden. Dabei profitiert, wie eingangs erwähnt, das gesamte System, da Apples moderne Engine Metal die Rechenpower von Grafikkarten auch nicht-grafischen Anwendungen zur Verfügung stellt.

 
eGFX Breakaway Box
 
eGFX Breakaway Box nimmt eine handelsübliche PCIe-Grafikkarte auf.
Bild: Sonnet Technologies.

 

Neben Lösungen mit integrierter Grafikkarte wie die Puck Radeon gibt es auch Leergehäuse zum Einbau einer handelsüblichen PCIe-Grafikkarte. Zu nennen sind hier beispielsweise die eGFX Breakaway Box von Sonnet Technologies, die Sapphire Gear Box oder OWC Mercury Helios FX.

Der eGPU-Markt beim Mac steht erst ganz am Anfang. In den kommenden Monaten werden zahlreiche weitere eGPU-Lösungen für den Mac in den Handel kommen. Der verstärkte Konkurrenzkampf zwischen den Anbietern sowie der Umstand, dass die Zahl der Thunderbolt-3-basierten Macs beständig steigt und Apple in Zukunft weitere Mac-Baureihen mit der Hochleistungsschnittstelle ausstatten dürfte, wird wahrscheinlich zu sinkenden Preisen führen.

Unter dem Strich erweitert der eGPU-Support die Einsatzgebiete des Macs enorm, stärkt die Plattform und gibt Nutzern die Möglichkeit, nach dem Kauf eines Rechners per externer Grafikkarte die Gesamtleistung zu erhöhen, was gerade im Hinblick auf die Langzeitnutzung ein großer Vorteil ist.

Anmerkungen zur eGPU-Unterstützung

• Es werden momentan nur AMD-Grafikkarten offiziell unterstützt. Details zu den unterstützen Modellen gibt es in einem Support-Dokument von Apple.

• Es lassen sich mehrere externe Grafikkarten gleichzeitig nutzen und zusammenschalten, für noch mehr Leistung.

• Apple bietet in der Boot-Camp-Software keine eGPU-Unterstützung.

• Die meisten aktuellen Programme und Spiele profitieren von der externen Grafikkarte auch ohne explizite Anpassungen. Nur in Einzelfällen müssen die Entwickler nacharbeiten.

• Zur Nutzung externer Grafikkarten wird ein Mac mit Thunderbolt-3-Schnittstelle benötigt. An Macs mit Thunderbolt-2-Anschluss können externe Grafikkarten nur mit einem inoffiziellen Community-Patch verwendet werden. Dies erfordert allerdings die Abschaltung der Sicherheitsfunktion SIP. Mit dem gleichen Patch lassen sich auch Nvidia-Grafikkarten nutzen. Die Prozedur ist allerdings aufwendig und nur technisch versierten Anwendern zu empfehlen.