Eine Betrachtung zur Performance der 2018er MacBook-Pro-Generation

20. Juli 2018 12:00 Uhr - Redaktion

Wieder einmal wird eine Sau durch die mediale Welt getrieben. Diesmal hört sie auf den Namen "Neues MacBook Pro langsamer als Vorgängermodell" und sorgt – wie es leider in einem von Skandalisierung getriebenen Internet heute an der Tagesordnung ist – für aufgeregte, effekthascherische Schlagzeilen. MacGadget versucht sich an einer nüchternen Betrachtung.

Grundlagen

1) Intel-Prozessoren haben einen Basistakt (zum Beispiel 2,2 GHz) und können bei hoher Last die Taktfrequenz anheben (zum Beispiel auf bis zu 4,1 GHz), um Berechnungen schneller abzuarbeiten. Dies nennt sich Turbo-Boost-Technik, die es mittlerweile fast zehn Jahre gibt und die beständig von Intel verfeinert wird.

2) Eine derartige Übertaktung sorgt für eine deutlich höhere Hitzeentwicklung. Sie wird vom Prozessor nur solange zugelassen, wie ein kritischer Temperaturwert nicht überschritten wird. Bei zu hohen Temperaturen wird die Taktfrequenz heruntergefahren, im Extremfall bis zum Basistakt, wobei auch Mittelwerte (zum Beispiel 3,1 GHz) möglich sind - dies wird dynamisch je nach Temperatur gesteuert. Dadurch sollen Schäden an der CPU verhindert werden.

3) Das Kühlsystem eines Computers wirkt einer Überhitzung der CPU entgegen. Dieses Kühlsystem hat natürlich Grenzen, die bauartbedingt bei Desktops weiter gefasst sind als bei Notebooks. Ein iMac regelt deutlich später bzw. schwächer ab als ein MacBook Pro. Dadurch sind Desktops grundsätzlich wesentlich besser für einen längeren Hochlast- oder gar Volllast-Betrieb geeignet als Notebooks.

 
MacBook Pro

 

2018er MacBook-Pro-Baureihe: Fehlgeleitete Performance-Debatte sorgt für Wirbel.
Bild: Apple.

 

Die 2018er MacBook-Pro-Baureihe

4) Die Anzahl der Prozessor-Kerne wurde von zwei auf vier bei den 13,3-Zoll-Modellen und von vier auf sechs bei den 15,4-Zoll-Modellen aufgestockt.

5) Im Volllastbetrieb ziehen diese zusätzliche Kerne mehr Strom, was wiederum mehr Abwärme verursacht.

6) Der höhere Strombedarf wird durch stärkere Akkus kompensiert. Das Kühlsystem wurde offenbar nicht verändert.

Woran krankt die gegenwärtige Skandalisierung?

7) Es wird in diversen Videos zum neuen MacBook Pro von sog. "Influencern" unterstellt, ein dauerhafter Volllastbetrieb bei Notebooks sei der Normalfall. Auf dieser irrigen Annahme fußt die gegenwärtige Hysterie.

8) Festzuhalten ist, dass akkubetriebene Mobilgeräte, die bauartbedingt über ein relativ schwaches Kühlsystem verfügen, grundsätzlich schlecht für den ständigen Hoch- und Volllastbetrieb geeignet sind. Profis, die täglich stundenlang umfangreiche Szenen rendern oder andere komplexe Berechnungen durchführen müssen, greifen aus diesem Grund zum Desktop. Für diese grundlegende Erkenntnis bedarf es keiner Raketenwissenschaft.

Was ist nun Sache?

9) Aufgrund der höheren Anzahl an CPU-Kernen bei unverändertem Kühlsystem kann die 2018er Produktreihe die Übertaktung mitunter nicht so lange bzw. so stark aufrechterhalten, wie die 2017er Generation mit weniger Kernen.

10) Trotzdem ist die 2018er Generation bei typischen Notebook-Einsatzgebieten mit den gängigsten Alltagsaufgaben deutlich performanter als die 2017er Serie. Denn: In den allermeisten Fällen wird die volle CPU-Leistung nur für kurze Zeit (wenige Sekunden bis eine Minute) benötigt. Dabei spielen die neuen Prozessoren durch ihre zusätzlichen Kerne (mitsamt der höheren Anzahl an Threads) ihre Kraft aus und schließen Berechnungen deutlich schneller ab als die 2017er Modelle, da mehr Aufgaben zur gleichen Zeit abgearbeitet werden können. Dies ist nach unserer Auffassung der entscheidende Punkt.

 
MacBook Pro

 

2018er MacBook-Pro-Baureihe: Auch bei längerer Volllast schneller als die 2017er Modelle.
Bild: Primate Labs.

 

11) Und selbst bei längerer Volllast und trotz des Umstands, dass Turbo-Boost bei den neuen Modellen mitunter kürzer/schwächer läuft, ergeben sich beim Core i5/i7 Performance-Zuwächse gegenüber der 2017er Serie - eben durch die höhere Zahl an Kernen. ("Even under sustained load, the i7 processor was running at 3.0-3.1 GHz, well above the processor’s base frequency of 2.6 GHz." Quelle: Primate Labs).

Fazit

Viele der derzeit kursierenden Videos und "Tests" kranken an der irrigen Annahme, dass Notebooks ausschließlich oder überwiegend im ständigen Hochlast- und Volllastbereich genutzt werden. Dafür sind Laptops aber bauartbedingt nicht ausgelegt und daher greift diese Betrachtungsweise viel zu kurz und ist nicht dazu geeignet, die Leistungsfähigkeit der 2018er MacBook-Pro-Baureihe zu beurteilen.

Der Sonderfall "Core i9" (Aufpreisoption beim 15,4-Zoll-MacBook-Pro) ist separat zu betrachten, er war der Ausgangspunkt der Skandalisierung ("Neues MacBook Pro langsamer als Vorgängermodell"), da er mit seinen sechs Kernen in bestimmten, über 30 Minuten langen Berechnungen offenbar etwas langsamer ist als der Core-i7-Vorgänger mit vier Kernen. Aufgrund der dabei entdeckten Anomalien (u. a. vielfache Idle-Zustände ohne Berechnungen) ist hier ein Softwareproblem zu vermuten.

Grundsätzlich ist es denkbar, dass die thermale Steuerung von macOS noch nicht vollends für die neuen Intel-Chips optimiert ist und hier Apple mittels Softwareupdates nachbessern wird, beispielsweise durch ein schnelleres Hochdrehen der Lüfter oder geringfügiges Absenken der maximal erlaubten CPU-Temperatur, um konstantere Taktraten zu ermöglichen.

Unter dem Strich steht die Erkenntnis, dass die 2018er MacBook-Pro-Baureihe sehr wohl deutlich performanter ist als die 2017er Vorgängerserie.

Nachtrag: Apple: Update für neue MacBook-Pro-Generation behebt Problem mit thermalem Management.