Unabhängigkeitserklärung: Aus OpenOffice wird LibreOffice

28. Sep 2010 18:30 Uhr - sw

OpenOffice gehört zu den bekanntesten und meistgenutzten Open-Source-Programmen. Jetzt hat die OpenOffice-Community ein Vorhaben, über das bereits seit fast zehn Jahren diskutiert wurde, in die Tat umgesetzt: Ab sofort kümmert sich die neu gegründete Organisation Document Foundation um Weiterentwicklung, Vermarktung und alle weiteren Belange der Software. Mit der neuen Initiative soll der langfristige Erhalt der Software gesichert und das Projekt unabhängig, losgelöst von der Regie des Hauptsponsors Oracle, betrieben werden. Neuer, vorläufiger Name der Software ist LibreOffice.

Ziel der Initiative ist es, künftig wesentlich mehr Kräfte für die Weiterentwicklung der Software zu gewinnen. Es existieren etliche OpenOffice-Derivate, darunter Go-OOo und NeoOffice, die parallel zum Hauptprojekt entwickelt werden. Allerdings sind Verbesserungen dieser Derivate aus den verschiedensten Gründen nicht immer in das Hauptprojekt eingeflossen. Die neue Initiative soll diese Zersplitterung überwinden. Künftig sollen möglichst viele Entwickler, die mit OpenOffice zu tun haben, an einem Strang ziehen.

Einen ersten Erfolg kann die Document Foundation diesbezüglich bereits vermelden. Die Entwickler von Go-OOo kündigten an, ihr Projekt mit LibreOffice zu verschmelzen. Alle Verbesserungen und Neuerungen, die das Go-OOo-Team im Laufe der Zeit implementiert hat, fließen in LibreOffice ein.

Ein weiteres, wichtiges Ziel der Initiative ist es, die Abhängigkeit vom Hauptsponsor Oracle deutlich zu reduzieren. In der Vergangenheit führte der starke Einfluss von Oracle auf das Projekt zu Vorbehalten seitens anderer Entwickler bzw. Organisationen und Firmen gegenüber OpenOffice. Mit der größeren Unabhängigkeit soll LibreOffice attraktiver für Unterstützer werden.

Document Foundation

Will die OpenOffice-Software in eine bessere Zukunft führen:
Die von der OpenOffice-Community gegründete Document Foundation

Bild: documentfoundation.org


Die Document Foundation erfährt bereits von Beginn an große Unterstützung:

"'The Document Foundation' wurde gemeinschaftlich von führenden Köpfen der OpenOffice.org-Community ins Leben gerufen, darunter zahlreiche Projektleiter und Mitglieder des Community Councils. Sie wird anfangs von einem Steering Committee aus Entwicklern und internationalen OpenOffice.org-Projektverantwortlichen geführt. [...] Internationale Projekte und Firmen wie die Free Software Foundation, Google, Novell, Red Hat, Canonical, The Open Source Initiative, die Gnome Foundation, NeoOffice und Credativ haben die geplante Gründung begrüßt und bereits jetzt ihre Unterstützung zugesichert. Auch große Teile der weltweiten OpenOffice.org-Community, hierzulande federführend auch der OpenOffice.org Deutschland e.V., haben sich schon hinter das Vorhaben gestellt", so die Document Foundation.

Die Idee, das OpenOffice-Projekt auf neue, unabhängigere Füße zu stellen, existiert zwar schon seit fast einem Jahrzehnt, doch erst zwei Ereignisse der jüngeren Vergangenheit gaben offenbar den entscheidenden Impuls zur letztendlichen Verwirklichung.

So hat sich Oracle auf dem OpenOffice-Kongress im September auch auf explizite Nachfrage hin nicht zur Zukunft der Software äußern wollen, was in der OpenOffice-Community Unmut hervorrief. Zudem soll sich Oracle nur noch in geringem Maße an der Weiterentwicklung von OpenOffice beteiligt haben, seit Sun von Oracle aufgekauft wurde.

Sun war bei der OpenOffice-Entwicklung federführend und stellte viele Programmierer für das Open-Source-Projekt ab. Nach der Übernahme von Sun durch Oracle habe Oracle angeblich Ressourcen vom OpenOffice-Projekt abgezogen, wird in der Gerüchteküche gemunkelt.

Oracle wurde laut der Document Foundation dazu eingeladen, dem neuen Projekt als normales Mitglied beizutreten. Eine Reaktion von Oracle steht allerdings bislang aus. Da Oracle die Rechte am Markennamen OpenOffice hält, habe man das Projekt vorübergehend in LibreOffice umbenannt. Sofern sich aber Oracle zur Mitarbeit bereiterklärt, wolle man gerne wieder zum altbekannten Namen OpenOffice zurückkehren, so die Document Foundation.

LibreOffice soll für Mac OS X, Windows, Linux und Unix weiterentwickelt werden. Derzeit liegt LibreOffice in der Version 3.3 beta vor.