EU-Kommission will Apple zur Aufgabe von Lightning-Anschluss zwingen

23. Sep 2021 16:00 Uhr - Redaktion

Die Brüsseler EU-Bürokratie will die USB-C-Schnittstelle verpflichtend für alle Smartphones, Tablets, Kameras, Kopfhörer und andere mobile Geräte festschreiben. Man wolle damit einheitliches Aufladen basierend auf USB-C forcieren, heißt es in der Mitteilung der EU-Kommission. Apple wäre damit gezwungen, die Lightning-Schnittstelle - bei mehr als einer Milliarde iPhones tagtäglich im Einsatz - aufzugeben und bei künftigen iPhones USB-C zu integrieren, obwohl das Unternehmen bereits seit längerer Zeit Lightning-auf-USB-C-Ladekabel mitliefert, um das Aufladen mit handelsüblichen USB-C-Netzteilen zu gewährleisten.

iPhone-Nutzer wären damit in Zukunft beim Umstieg auf ein neueres Apple-Smartphone gezwungen, ihr bestehendes Lightning-Zubehör entweder zu entsorgen (mehr Elektroschrott) oder umständlich über klobige, aufpreispflichtige Adapter weiter zu verwenden. Eine andere Forderung, den Verkauf von Netzteilen und mobilen Endgeräten zu entkoppeln, hat Apple bereits letztes Jahr umgesetzt.

Ein Blick auf die aktuellen technischen Fakten: Mobile Geräte werden entweder über Micro-USB, USB-A oder USB-C aufgeladen. Micro-USB kommt in neuen Geräten praktisch gar nicht mehr zum Einsatz und USB-A ist ebenfalls auf dem Rückzug. Der De-facto-Standard bei neuer Hardware heißt USB-C - dazu braucht es weder Verordnungen noch Gesetze. Die führenden Hersteller haben sich bereits vor längerer Zeit gemeinsam auf USB-C verständigt und handeln entsprechend.

 
iPhone 11 Pro und iPhone 11 Pro Max
 
iPhones: Der Lightning-Port ist der EU offenbar ein Dorn im Auge.
Bild: Apple.

 

Die iPhones verfügen zwar über eine Lightning-Schnittstelle, doch Lightning ist voll USB-C-kompatibel und ein Lightning-auf-USB-C-Kabel wird seit einigen Jahren von Apple mitgeliefert. Anders ausgedrückt: Auch Lightning-basierte iPhones lassen sich mit handelsüblichen USB-C-Netzteilen beliebiger Hersteller aufladen. Damit erfüllt Apple bereits den EU-Wunsch nach einheitlichen USB-C-Ladegeräten. 

In der offiziellen Verlautbarung der EU-Kommission ist zu diesen technischen Hintergründen und Fakten nichts zu lesen, stattdessen wird der Eindruck erweckt als ob USB-C noch gar nicht etabliert wäre. Der Umstand, dass mit Inkrafttreten der Regelung unzählige Millionen von Lightning-Produkten potentiell zu Elektroschrott werden, wird ebenfalls mit keiner Silbe erwähnt.

Bereits bei wichtigen Schnittstellen wie Bluetooth oder WLAN haben sich die Marktteilnehmer ohne staatliche Eingriffe auf Standards verständigt, ebenso bei der drahtlosen Ladetechnik Qi. Aufgrund des klaren Trends hin zu USB-C ist eine Regulierung seitens der EU eigentlich nicht erforderlich - in den heutigen überregulierten Zeiten wird sie natürlich trotzdem kommen. Die Zustimmung seitens des EU-Parlaments und -Rats gilt als Formsache, anschließend gibt es eine zweijährige Übergangszeit, d. h. ab etwa 2024 wird Lightning beim iPhone Geschichte sein.

Nachtrag (17:30 Uhr): Der Branchenverband Bitkom findet deutliche Worte für die EU-Pläne. Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder: "Bitkom begrüßt ausdrücklich, dass sich die EU-Kommission darum bemüht, die Menge an Müll und Elektroschrott schnell und stark zu senken. Im Sinne einer funktionierenden, echten Kreislaufwirtschaft muss sie möglichst nah Richtung Null gefahren werden. Es gibt viele Hebel und Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen, einheitliche Ladebuchsen für Smartphones und andere Geräte zählen nicht dazu.

Viele Hersteller sind hier bereits deutlich weiter als die Politik: Sie setzen auf kabelloses Laden auf Basis des herstellerübergreifenden Qi-Standards. Auch werden bereits jetzt neue Geräte im Sinne der Nachhaltigkeit oftmals ohne Netzteil ausgeliefert, so dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Netzteile weiter nutzen können.

In diesem Zusammenhang haben einheitliche Ladebuchsen sogar einen negativen Umwelteffekt. Wenn ein nicht eben kleiner Teil der Smartphone-Nutzerinnen und -Nutzer durch einen solchen Eingriff seine bisherigen Ladekabel für neue Geräte nicht mehr nutzen kann, wird dies die Menge des anfallenden Elektroschrotts vergrößern. Das betrifft auch zusätzliches Equipment wie Kopfhörer oder Dockingstationen.

Gleichzeitig verstößt ein solcher regulatorischer Eingriff gegen das Prinzip der Technologieoffenheit. Aller Voraussicht nach wird er eine Reihe künftiger Innovationen, die auch die Umweltbilanz der Geräte verbessern werden, bremsen oder ganz verhindern."

2. Nachtrag (18:15 Uhr): Auch Apple hat sich zu den EU-Plänen inzwischen geäußert: "Wir sind nach wie vor besorgt, dass eine strenge Regulierung, die nur einen Steckertyp vorschreibt, die Innovation eher behindert als fördert, was wiederum den Verbrauchern in Europa und der ganzen Welt schaden wird", teilte das Unternehmen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters mit.

3. Nachtrag (19:30 Uhr): Zur Klarstellung: Die EU-Pläne sehen eine USB-C-Schnittstelle direkt am Endgerät (also am iPhone) vor - Adapter wie Apples Lightning-auf-USB-C-Kabel sind nicht zugelassen.