Mit der Vorstellung des neuen Mac Pro hat Apple den vor drei Jahren verkündeten Abschied von Intel-Prozessoren vollendet. Erstmals in seiner inzwischen fast 40jährigen Geschichte stammt die wichtigste Komponente des Macs nicht mehr von Drittherstellern (Motorola, IBM, Intel), sondern von Apple selbst. Die Umstellung auf Apple Silicon brachte der Plattform einen Schub und viele Vorteile, allerdings gab es auch Enttäuschungen.
Bereits die ersten Macs mit M1-Chip, vorgestellt Ende 2020, zeigten, wohin die Reise geht: Eine deutlich höhere Rechen- und Grafikleistung im Vergleich zu den Intel-basierten Vorgängermodellen bei einem niedrigeren Stromverbrauch, einer geringeren Abwärme und einem leiseren Betrieb. Mobile Macs profitieren von einer längeren Akkulaufzeit, im MacBook Air konnte Apple sogar auf einen Lüfter verzichten.
Von der Intel-Abhängigkeit befreit, konnte Apple die Mac-Produktreihe besser ausdifferenzieren. Der Mac Studio schloss eine Lücke im Desktop-Bereich und brachte die Leistung eines Mac Pro zu einem Bruchteil des Anschaffungspreises, wobei der M1 Ultra sogar den schnellsten Intel-Mac-Pro übertraf. Zudem zieht der Mac Studio deutlich weniger Energie als ein Intel-Mac-Pro - in Zeiten hoher Strompreise ein weiterer Pluspunkt, der in die Kostenrechnung einer mehrjährigen Nutzungszeit mit einfließt. Inzwischen ist der Mac Studio mit M2 Max/Ultra verfügbar, für noch mehr Leistung.
Für Anwender, für die ein Mac Studio überdimensioniert ist, aber ein normaler Mac mini nicht genügt, hat Apple eine weitere Konfiguration ins Angebot aufgenommen: Den Mac mini mit M2 Pro. Bei Preis und Leistung zwischen Mac mini M2 und Mac Studio M2 Max angesiedelt, liefert er genügend Rechen- und Grafikleistung für eine Vielzahl an Aufgaben und unterstreicht die Flexibilität der gut skalierbaren Apple-Silicon-Architektur. Der neue Mac Pro mit M2 Ultra rundet das Apple-Angebot nach oben hin ab.
Bei den mobilen Macs gab es ebenfalls erfreuliche Nachrichten: Beim MacBook Pro kehrten MagSafe, F-Tasten und eine breite Schnittstellenauswahl zurück, während zugleich neue Leistungsbereiche dank M1 Pro/Max und M2 Pro/Max erschlossen wurden - ebenfalls bei langen Akkulaufzeiten und einem leisen Betrieb ohne große Abwärme.
Damit nicht genug: Das neue MacBook Air mit 15,3-Zoll-Bildschirm schließt ebenfalls eine Lücke. Wer in der Vergangenheit einen mobilen Mac mit größerem Bildschirm als 13,3 Zoll benötigte, musste zum deutlich teureren MacBook Pro greifen. Allerdings benötigt nicht jeder Anwender die hohe Rechen- und Grafikleistung eines M2 Pro/Max oder eine große Schnittstellenauswahl. Für diese Zielgruppe, der die Leistung des normalen M2 genügt, ist das neue 15,3-Zoll-MacBook-Air nun eine interessante Option.
Bild: Apple.
Enttäuschend ist dagegen die Entwicklung beim iMac. Auf den vielbeachteten 24-Zoll-iMac mit M1-Chip, der Anfang 2021 vorgestellt wurde, folgte ... nichts. Das große Modell mit 27-Zoll-Bildschirm wurde sang- und klanglos eingestellt. Es kam noch schlimmer: Statt dem 24-Zoll-iMac zu Jahresbeginn den M2-Chip und weitere Verbesserungen zu spendieren, erhöhte Apple einfach den Preis für das zwei Jahre alte M1-Modell um mehr als 100 Euro. Auch der iMac Pro musste zwischenzeitlich die Segel streichen.
Apples einstiges Aushängeschild im Desktop-Bereich gleicht heute einer technologischen Tristesse. Der aktuelle M1-iMac zum erhöhten Preis ist definitiv keine Kaufempfehlung mehr - wer dringend von einem alten Intel-iMac umsteigen möchte, für den ist ein Mac mini M2 (Pro) mit einem Dritthersteller-Bildschirm die bessere und günstigere Variante.
Wie geht es beim iMac weiter? Der Schlüssel dürfte hier die M3-Prozessorserie sein, die Apple voraussichtlich Ende dieses oder Anfang nächsten Jahren vorstellen wird. Wir gehen nicht davon aus, dass Apple den iMac einstellen wird und rechnen innerhalb der nächsten sechs bis neun Monate mit einem 24-Zoll-iMac mit M3-Chip. Außerdem halten wir es für gut möglich, dass der iMac mit großem Bildschirm ein Comeback feiern wird - vielleicht als iMac Pro im 30-Zoll-Bereich.
Mit der M3-Reihe stellt Apple die Fertigung vom 5-Nanometer- auf das 3-Nanometer-Fertigungsverfahren um. Kleinere Prozessorstrukturen ermöglichen eine höhere Effizienz und mehr Leistung, sind aber auch anspruchsvoller in der Fertigung. In der Branche munkelt man von der ersten großen Überarbeitung der Apple-Silicon-Prozessoren seit deren Einführung im Jahr 2020.
Einige Nachteile im Zuge der Umstellung auf Apple Silicon sollen natürlich nicht unter den Tisch fallen: Erstens beschränkt Apple die Anzahl externer Bildschirme systemseitig, beispielsweise kann beim MacBook Air M1/M2 offiziell nur ein externer Monitor genutzt werden. Diese Begrenzung lässt sich mit einem DisplayLink-kompatiblen Dock allerdings umgehen (die GPU von M1/M2 ist leistungsstark genug, um mehrere Monitore anzusteuern).
Zweitens kann aufgrund des SoC-Designs von Apple Silicon (System-on-a-Chip) nun bei keinem Mac mehr nachträglich der Arbeitsspeicher aufgerüstet werden, umso wichtiger ist es, sich beim Kauf Gedanken zur RAM-Ausstattung zu machen. Wobei, um ein Beispiel zu nennen, 8 GB Arbeitsspeicher bei einem Apple-Silicon-Mac effizienter und schneller sind (aufgrund der fortschrittlichen Shared-Memory-Architektur) als 8 GB bei einem Intel-Mac. 8 GB RAM bei einem Apple-Silicon-Mac reichen für die klassischen Brot-und-Butter-Anwendungen aus. Wenn es etwas mehr sein darf, sind 16 GB eine gute Option. Für High-End-Einsatzgebiete entsprechend mehr.
Fazit: Die Umstellung von Intel- auf Apple-Prozessoren beim Mac hat sich ausgezahlt. Die Leistungsmerkmale der Apple-Silicon-Architektur gepaart mit einem reibungslosen Software-Übergang dank Rosetta 2 ließen die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen und brachten dem Mac signifikante Wettbewerbsvorteile. Dazu gehört die Möglichkeit, dass viele iPad- und iPhone-Apps auf Apple-Silicon-Rechnern genutzt werden können. Auch das Thema Windows auf Apple Silicon ist inzwischen geklärt.
Wenn Apple das Chip-Design konsequent weiterentwickelt und dem Rechner regelmäßig sinnvolle Ergänzungen spendiert (wie zum Beispiel eine 5G-Option beim MacBook Pro), dann wird der Mac auch in Zukunft - rund 40 Jahre nach seinem Debüt - einen Platz in der sich beständig wandelnden Computerwelt haben. Denn, dies haben die letzten 15 Jahre gezeigt, weder Tablets noch Smartphones haben Desktop- und Notebook-Rechner überflüssig gemacht. Daran dürfte sich auch in der kommenden Dekade, in der vermehrt neue Gerätekategorien wie Smartphone-/Tablet-Kombis mit flexiblem Display oder Headsets aufkommen, nichts ändern.